Augenzeugenbericht aus Kenia

Nach all den spekulativen Meldungen über “angeblichen” Wahlbetrug in Kenia hat sich jetzt mal ein Abi-Kollege von mir dazu geäussert, der gerade selber das Vergnügen hat, sich dort aufzuhalten: Manuel und Kathrin Schmidt arbeiten dort in einem Kinderheim in Tinderet, im Westen Kenias. Auf Ihrer Website Manuelundkathrinschmidt.de berichten sie, wie sie die Wahlen erlebt haben:

Wie Ihr sicher schon mitbekommen habt, ist es in Kenia momentan ziemlich chaotisch. Bei uns auf der Station ist es aber noch sicher. Bei der zurückliegenden Wahl wurde schon ziemlich betrogen, Urnen wurden geöffnet, Wahlergebnisse wurden gefälscht und es dauerte viel länger bis zur Ankündigung wer Präsident ist, als geplant. Das hat die Kenianer sehr aufgebracht. Zudem kommen sehr große Spannungen dadurch zustande, dass die Präsidentschaftskandidaten von verschiedenen Stämmen kommen. Man hat gedacht, das Stammesdenken sei z.T. schon überwunden, aber wie man jetzt sieht, steckt es noch tief in den Köpfen drin. Kibaki, der ausgerufene Präsident, ist Kikuju – jetzt werden in ganz Kenia Kikujus verfolgt, ihre Häuser angezündet und z.T. umgebracht. Auch bei uns in der Nähe kam es zu solchen Vorfällen.
Gestern hatten wir eine Lagebesprechung mit der ganzen Station, bei der besprochen wurde, was im Fall der Fälle zu tun ist. Die Lage ist schon angespannt, aber wir denken, dass hier auf der Station noch ein sicherer Platz ist. Im Land ist schon Chaos – was wir auf der Station befürchten ist, dass Leute diesen unsicheren Zustand ausnutzen und uns ausrauben.
Es gibt eine größere Gruppe von einheimischen Jugendlichen, die zur Station gekommen sind und Forderungen gestellt haben. Die meisten Forderungen sind unrealistisch und überzogen. Sie haben gedroht, wenn wir nicht auf die Forderungen eingehen, dass sie uns überfallen werden. Aber DIGUNA hat eigentlich zu den Nachbarn ein sehr gutes Verhältnis, dass in der Vergangenheit aufgebaut und gestärkt wurde. Eine Gruppe von 1000 Menschen haben bei uns in der Nähe gegen die politischen Betrügereien demonstriert. Die Anführer der Gruppe, die zu unserer Station kamen wollten mit allen 1000 Menschen kommen, um noch mehr Druck auszuüben. Aber letztendlich sind „nur“ etwa 40 Jugendliche gekommen, weil alle andere gesagt haben, ihr spinnt, lasst DIGUNA in Ruhe, sie haben nichts damit zu tun und sie unterstützen uns. Das war ermutigend für uns.
Besonders ermutigend war für uns, dass einige aus der Gruppe sagten, sie wollten uns schon drei mal überfallen, aber sie konnten es nicht, weil sie gemerkt haben, dass wir gebetet haben.

Ist schon ziemlich krass für uns aus der 1. Welt, dass die Leute dort jeden Anlass ausnutzen um uralte Stammeskonflikte auszutragen, aber wir haben ja hier mit den Nazis und den “U-Bahn-Schlägereien” dasselbe Problem nur in anderer Verkleidung. Solange es uns hier in Deutschland relativ gut geht, bleibt die Fremdenfeindlichkeit halbwegs getarnt als “Randgruppenproblem”, aber ich vermute Mal, dass wenn unser Land in eine Extremsituation gerät, wo die Sicherheit eines jeden auf der Kippe steht, dass dann ähnlich wie jetzt in Kenia, viel mehr hass auf andere Kulturen auftauchen wird. Erst die Krise offenbart, was wirklich im Menschen steckt.

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