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Monatsarchiv für Mai 2007

 
 

Kommentar zum Korintherbrief (#15) - Viele Glieder, ein Leib

Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn der Fuß spräche: Ich bin keine Hand, darum gehöre ich nicht zum Leib, so gehört er deswegen nicht weniger dazu! Und wenn das Ohr spräche: Ich bin kein Auge, darum gehöre ich nicht zum Leib; so gehört es deswegen nicht weniger dazu! Wäre der ganze Leib Auge, wo bliebe das Gehör? Wäre er ganz Ohr, wo bliebe der Geruch? Nun aber hat Gott die Glieder, jedes einzelne von ihnen, so am Leibe gesetzt, wie er gewollt hat. Wenn aber alles ein Glied wäre, wo bliebe der Leib? Nun aber gibt es viele Glieder, doch nur einen Leib… (1. Kor. 12:14 - 25)

Hier fasst Paulus das eben gesagte nochmal zusammen. Wir halten folgende Punkte fest: Im Leib Christi gibt es keine Gleichheit, sondern Einheit. Einheit bedeutet, dass die einzelnen Glieder verschieden sind (und mit verschieden ist hier auch verschieden gemeint, nämlich verschieden in der Lehre, verschieden in den Ansichten, verschieden in den Gaben, verschieden im Charakter, usw.) und dadurch dass sie vom Geist eine Gnadengabe und damit auch eine Verantwortung bekommen haben werden sie zu einer Einheit, wenn sie dieser Verantwortung nachkommen.

Das bedeutet, wir brauchen uns gar keine Sorgen darum zu machen, was für Aufgaben wir den einzelnen Gliedern geben – dafür ist der Geist verantwortlich. Wer seine Gnadengabe entdeckt, der weiss auch, was er zu tun hat und welche Verantwortung er hat. Die Aufgabe der Ältesten ist nicht, die einzelnen Glieder zu beschäftigen und sie mit Aufgaben zu überhäufen, sondern sie dahin bringen, dass sie ihre Gnadengaben und ihre Berufung entdecken. Die Glieder dagegen, die sich nicht unter die Herrschaft des Geistes stellen wollen, die werden auch niemals ihre Funktion im Leib entdecken, geschweige denn ihre Gnadengabe. Allerdings sollten die einzelnen Glieder zuerst ein Leib-Bewusstsein haben. Ihnen sollte klar sein, dass ihre Versammlung nur eine Repräsentation des einen Leibes ist, und dass die anderen Christen in ihrer Stadt ebenfalls zu diesem einen Leib gehören, und das deren Zusammenkünfte ebenfalls eine Realisierung des einen Leibes Christi darstellen.

Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. (1. Kor. 12:26)

Wenn wir uns die Hand brechen, kommt dann nur unsere Hand ins Krankenhaus? Nein, wir kommen ins Krankenhaus, unser gesamter Körper liegt im Krankenhaus. Wenn uns dann jemand fragt, ob wir krank sind, dann antworten wir doch nicht: “Nein, ich ich bin gesund, nur meine Hand ist krank!”. Wenn unsere Hand krank ist, dann wird jedermann sagen: Wir sind krank. Das ist Leib-Bewusstsein. Komischerweise verhalten wir uns beim Leib Christi aber total anders. Wir sagen oft: “Wir sind gesund, aber das eine bestimmte Glied, diese eine bestimmte Person, die nicht mit uns übereinstimmt, die ist krank”. Das ist totaler Blödsinn. Wenn im Leib Christi ein Glied krank ist, dann ist der ganze Leib krank. So einfach ist das, udn das drückt Paulus hier auch aus, diese Einheit, dieses Leib-Bewusstsein ist sehr wichtig. Viele Glieder – ein Leib.

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Kommentar zum Korintherbrief (#14) - Was ist eine Ortsgemeinde?

Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, wiewohl ihrer viele sind, doch nur einen Leib bilden, also auch Christus. (1. Kor 12:12)

Ein Leib, viele Glieder – dies ist ein wichtiges Prinzip im Reich Gottes: Einheit ist nicht Gleichheit. Wir wissen von Paulus, dass die Ehe ein Bild für die Gemeinde ist. Mann und Frau werden niemals gleich sein, der Mann wird immer ein Mann bleiben und die Frau wird immer ein weibliches Wesen bleiben, aber trotzdem werden die zwei unterschiedlichen Wesen eins sein (Eph 5:31-32). Es wäre fatal, wenn der Mann versucht, seine Frau zu einem Mann umzugestalten – ebenso umgekehrt. Gott schafft aus zwei verschiedenen Menschen eine neue Kreatur. Das ist das Prinzip, das hinter der Gemeinde steckt. Es ist daher sehr unvernünftig, wenn man eine Gemeinde haben möchte, wo alle Mitglieder “gleich” sind. Wir können nicht erwarten, dass die Glieder der Ortsgemeinde ähnlich oder genauso begabt sind wir wir, wir können davon ausgehen, dass unsere Geschwister in der Gemeinde von uns so verschieden sind, wie ein Auge von der Hand verschieden ist. Wenn wir hoffen oder davon ausgehen, dass die Geschwister in unserer Gemeinde oder Versammlung auch nur halbwegs so denken oder geprägt sind wie wir, dann haben wir den Gemeindegedanken nicht verstanden, dann haben wir Einheit mit Gleichheit verwechselt.

Dies hört sich auf dem Papier vielleicht einfach an, hat aber schwerwiegende Auswirkungen in der Realität. Wenn wir davon ausgehen, dass die anderen Brüder alle verschieden sind, dann hat das zur Folge, dass wir nicht immer gleich denken und es werden früher oder später Meinungsverschiedenheiten auftreten.

Wir sind durch einen Geist in einen Leib getauft worden, ob Juden oder Griechen, Knechte oder Freie, alle sind mit einem Geist getränkt worden. (1. Kor 12:13)

Dieser Vers ist entscheidend für das richtige Gemeindeverständnis – Wir haben eben festgestellt, dass zwischen den einzelnen Gemeindegliedern ein großer Unterschied herrscht, aber es muss doch irgendeine Gemeinsamkeit, irgendeinen gemeinsamen Grund geben, das haben wir von vorneherein geahnt, und hier legt Gott durch Paulus diesen Grund: Wer in den einen Leib getauft ist, der gehört dazu. Das ist das einzige Kriterium. Wir haben bezüglich der Gemeindezugehörigkeit im Laufe der Jahrhunderte viele verschiedene Kriterien entwickelt: Man muss bestimmte Lehren glauben, man muss bestimmte Ordnungen befolgen, man muss bestimmte Lehren bejahen, man muss bestimmte Dinge nicht tun, man muss in einigen Gemeinden bestimmte Gaben haben und in anderen Gemeinden muss man bestimmte Gaben nicht haben um als vollwertiges Gemeindemitglied zu gelten. Aber bei Gott gibt es nur dieses eine Kriterium: ist die Person in den einen Leib getauft worden oder ist sie es nicht? Beachten wir die Vergangenheitsform: Es handelt sich um ein bestimmtes Ereignis, dass bereits geschehen ist. Es handelt sich um die Taufe, aber ich möchte hinzufügen: Um das neutestamentliche Verständnis von Taufe, als Taufe und Bekehrung noch nicht voneinander getrennt waren. Wer sich bekehrte, der tat Buße von seinen Sünden und ließ sich taufen – so lief das damals. Wir finden in den biblischen Berichten keine langen Wartezeiten zwischen der Wiedergeburt und der Taufe. Es gibt zwischen Tod und Beerdigung auch keine langen Wartezeiten, weil die Leichen sonst anfangen zu verschimmeln und zu stinken. Wer sich zu Gott bekehrt und sich aber nicht taufen lassen will, der hat zu Gott nicht “Ja” gesagt, sondern nur “Jein” und es mag sein, dass er mit diesem “Jein” nicht lange auf Gottes Seite bleibt, sondern von der Welt wieder eingefangen wird. Wir wissen aus Römer 6 um die geistliche Bedeutung der Taufe, wir sterben für die Welt, wir bezeugen dass unser alter sündiger Mensch mit Christus am Kreuz mitgestorben ist und dass wir ab jetzt für die Welt und für die Sünde tot sind. Alles was Flesich war, geht in das Wasser hinein und unter das Wasser und verreckt dort. Alles was aus dem Wasser dann herauskommt, ist die Auferstehung, eine neue Kreatur kommt aus dem (Wasser-)Grab, die in Gottes Reich versetzt ist. Jeder der diesen Schritt der Taufe (zusammen mit der Bekehrung) vollzogen hat, ist zugleich in den Leib hineingetauft – ab dem Moment, wo jemand aus dem Wasser des Todes hervorkommt, ist er nicht mehr in der Welt, sondern im Leib – ganz unabhängig davon ob er das möchte und unabhängig davon, ob sein Verstand das weiß. Es ist eine geistliche Tatsache, die die unsichtbare Welt akzeptieren muss.

Diese Person, die jetzt im Leib ist, braucht sich nicht eine Gemeinde zu suchen, sie ist bereits in der Gemeinde Christi, denn es gibt geistlich gesehen nur eine. Es gibt auf der Welt an vielen Orten viele Versammlungen und Gemeinschaften von Gläubigen, die diese eine Gemeinde mehr oder weniger repräsentieren1.

Verstehen wir diesen Leibgedanken? Hier ist wirkliche geistliche Einheit. Wer getauft worden ist, der gehört dazu – sonst nichts. Keine Zusätze, nichts kleingedrucktes, keine ungeschriebenen Verhaltensregeln, die zusätzlich zu befolgen sind. Die Frage der Gemeindezugehörigkeit ist bei Gott nichts kompliziertes, es ist eine einfache Frage: Bist du von Gott angenommen? Hast du deinen alten Menschen, dein altes Leben in den Tod gegeben?

Vielleicht denken einige, dieses Kriterium bezieht sich auf den universalen Leib Christi, aber für die Ortsgemeinden gelten doch andere Regeln. Mir ist dieses Denken schon oft begegnet, dieser Gedanke, dass für den universalen Leib Christi andere Regeln gelten als für die Ortsgemeinde wird zur eigenen Gewissenserleichterung gebraucht. Was aber sind die Ortsgemeinden? Sie sind nichts anderes als eine lokale Repräsentation dieses einen Leibes Christi. Genauso wie es nur einen Christus gibt, gibt es auch nur einen Leib, das Macht Paulus hier unmißverständlich klar. Die Ortsgemeinden sind nicht viele verschiedene kleine Leibe Christi, so ein Gedanken ist total unbiblisch, die Ortsgemeinden sind lokale Sichtbarwerdungen dieses einen Leibes. Eine Ortsgemeinde repräsentiert den einen Leib, in den wir hineingetauft wurden. Die Ortsgemeinde ist eine Manifestation des universalen Leib Christi.

Wenn jetzt aber so eine Ortsgemeinde ihre eigenen Regeln aufstellt, wer dazu gehört und wer nicht, dann repräsentiert sie nicht mehr den einen Leib, dann repräsentiert sie ihre eigenen Interessen und Ideen. Wenn eine Ortsgemeinde eine Person, die von Christus angenommen ist, nicht annimmt, dann ist das keine Sichtbarwerdung des einen Leib Christi, diese sogenannte Ortsgemeinde ist dann ein Verein von Leuten, die ihre eigenen Interessen vertreten. Erkennen wir jetzt, wie radikal diese Sicht ist? Es gibt ein wahres Sprichwort, das lautet: “Freunde kann man sich aussuchen, Geschwister aber nicht.” Dies trifft auch auf den Leib Christi und die Ortsgemeinde zu. Wir können uns nicht aussuchen, wer in den Leib hineingetauft wurde, wir können uns nicht aussuchen, wer von Christus angenommen wurde. Wenn Christus mit seinem Blut die Sünden einer Person reingewaschen hat und stellvertretend für sie gestorben ist, welches Recht haben wir dann zu sagen, diese Person darf nicht in unsere Gemeinde? Welches Recht haben wir da, dieser Person noch weitere Bedingungen (Kleiderordnungen, Zustimmen zu bestimmten Lehren, usw) aufzuerlegen? Wenn wir Zusatzbedingungen stellen, dann sind wir auf dem Weg zu einer Sekte, denn wir repräsentieren nicht mehr den Leib Christi, sondern unsere eigenen Interessen.

In der Praxis ist dies natürlich nicht so einfach, denn das heisst ja nichts anderes, als dass Personen in die Gemeinde kommen, die total andere Meinungen in Bezug auf Lehre, Lebensstil, usw. In anderen Worten: es werden Leute in die Gemeinde kommen, mit denen uns nicht das Geringste verbindet. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass Christen kommen, die zwar in den Leib hineingetauft sind, aber allerhand komische Lehren mit sich bringen. Jedoch müssen wir beachten, dass Paulus hier in Korinther eine Einheit des Geistes darlegt und nicht eine Einheit der Lehre2. Das erste wonach wir fragen müssen, ist ob die Person in den einen Leib hineingetauft wurde, alles andere muss sich in der Frage der Gemeindezugehörigkeit hintenanstellen. Unsere Gemeinden sind oft Zusammenschlüsse von Gleichgesinnten, von Menschen gleicher Herkunft, gleicher Hautfarbe, gleicher Mentalität, gleicher Lehre und Erkenntnis, usw. In Gottes Augen sind Versammlungen aufgrund solcher Fundamente keine wirklichen Ortsgemeinden, es sind höchstens Interessengemeinschaften, es sind Vereine. In einem Verein treffen sich Leute, die die gleichen Interessen und Hobbies haben, um diesen Gemeinsam nachzugehen, in einer Ortsgemeinde treffen sich Menschen, die in den Leib hineingetauft wurden.

Fragen zum Senf

In der Disskussion über meinen Senf zum Korintherbrief wurde eine sehr gute Frage gestellt, die ich hier beantworten möchte. Die Frage bezieht sich auf den den Senf Teil7 und lautet:

>>Ich verstehe in diesem Kontext die Aussage von Jesus in Markus 12:29-30 nicht: Jesus antwortete ihm: Das erste ist: “Höre, Israel: Der Herr, unser Gott, ist ein Herr; und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner ganzen Kraft!

Für mich hört es sich an, als ob ich Gott mit all meinen natürlichen Fähigkeiten lieben und dienen soll. Vielleicht kannst du das etwas differentierter erläutern.<<

Diese Stellen scheinen auf den ersten Blick betrachtet nicht zusammenzupassen, aber in Wirklichkeit widersprechen sie sich überhaupt nicht. Wenn wir über Gnadengaben und natürliche Gaben reden, dann bezieht sich das immer auf den Dienst für Gott, auf das was wir für Gott tun. Die oben zitierten Verse beziehen sich aber nicht auf den Dienst, sondern auf das Leben; diese Verse sprechen von unserer Beziehung zu Gott.

Wenn es um den geistlichen Dienst geht, dann sind unsere natürlichen Fähigkeiten in den meisten Fällen absolut wertlos. Wir müssen uns nämlich vergegenwärtigen, dass wir, wenn wir Gottes Auftrag erfüllen, immer auf Konfrontationskurs mit den dämonischen Mächten und Gewalten gehen, und dies ist ein geistlicher Kampf, der mit geistlichen Waffen ausgefochten wird.

Wenn es aber um unser Leben geht, dann steht da geschrieben: lieben aus deinem ganzen Herzen…deiner ganzen Seele…deiner ganzen Kraft (Markus 12:29-30). Hier steht also klar und deutlich, dass der Mensch ebenfalls etwas zu tun hat und keineswegs passiv sein kann. Allerdings ist dieses „Werk“ das der Mensch tut (nämlich Gott lieben mit Herz, Seele und Kraft) nicht ein Werk mit dem er sich die Gnade verdienen kann, denn jeder Mensch, der versucht Gott von ganzem Herzen zu lieben, der wird früher oder später – je nachdem wie ehrlich sein Herz ist – bekennen müssen, das er Gott nicht so lieben kann wie er es eigentlich sollte. Wir werden in diesem Gebot (und auch in allen anderen Geboten des göttlichen Gesetzes) dazu aufgefordert, etwas zu tun, wozu wir nicht in der Lage sind. [Dieses Gebot verfolgt das Volk Israel seit Beginn der Gesetzgebung auf dem Sinai. Allein in Deuteronomium, wo Moses vor seinem Abgang das Volk nocheinmal an die wichtigsten Dinge erinnert, wird dieses Gebot mehr als fünfmal wiederholt. Und Jesus stellt das Gebot hier wiederum auf, um zu zeigen, dass er nicht gekommen ist, um das Gesetz abzuschaffen, sondern zu erfüllen.]

Will Gott uns hier reinlegen, indem er uns zu etwas auffordert, was wir nicht tun können? Nein, das entspricht nicht Gottes Charakter. Der entscheidende Punkt an dieser Aufforderung ist der: Wenn wir diesem Gebot nachkommen, und merken wir schaffen es nicht selber, dann werden wir früher oder später bemerken, dass wir absolut unfähig sind, Gott zu lieben, und unsere Unfähigkeit wird uns zur Buße treiben, und diese Buße ist das, was Gott von Anfang an mit diesem Gebot (und damit auch dem ganzen Gesetz) beabsichtigt hat: Diese Buße öffnet die Tür für die Gnade, für den Heiligen Geist, für das eigentliche Leben mit Gott.

Deswegen nimmt Gott die harte Forderung des Gesetzes auch nicht zurück, und wir werden unter der Forderung des Gesetzes zermalmt bis wir zur Erkenntnis unserer Unfähigkeit kommen, und damit unter die Gnade und in die Beziehung zu Christus, wodurch wir dann befähigt werden, dass Gesetz zu erfüllen. Dies beschränkt sich nicht nur auf die Bekehrung und Wiedergeburt, es zieht sich durch das gesamte Leben hindurch, auf viele Bereiche und Aspekte unseres Lebens (…das Gesetz ist ein Zuchtmeister auf Christus – das heisst auch: auf das ständige Leben mit Christus)
Gott muss uns auch aus einem anderen Grund auffordern, unsere Kraft einzusetzen, denn es ist notwendig, dass wir aus freiem Willen zu ihm kommen. Daher ist die Aufforderung, ihn mit unserer eigenen Kraft zu lieben, auch immer eine Aufforderung, dass wir uns Ihm aus freiem Willen nähern. Gerade bei der Wiedergeburt wird das sehr deutlich, die Bibel sagt uns, dass der errettende Glaube ein Geschenk Gottes ist, gleichzeitig gibt es aber verschiedene Stellen, wo der Mensch aufgefordert wird, an Gott zu glauben, damit er gerettet wird. Es sind immer diese beiden Seiten dabei, Gott macht den ersten Schritt, er ist willig, den Menschen zu retten, und bereit ihm den errettenden Glauben zu schenken, aber der Mensch muss ehrlich und aus freien Stücken zu ihm kommen. Es läuft Hand in Hand. Daher widerspricht sich diese Aufforderung Gott aus eigener Kraft zu lieben nicht mit der Aussage von Paulus, dass er all seine natürlichen Befähigungen für Dreck erachtet und sie verwirft.

So das ist jetzt nicht systematisch, ich habe keine Zeit, meine Gedanken zu ordnen, habe nur schnell heruntergeschrieben, aber ich hoffe es gibt ein wenig Klarheit auf diesen Aspekt. Ich finde die Frage gut, denn viele gleiten hier von einem extrem in das andere, weil sie diese Bereiche verwechseln. Wenn man die überwältigende Erkenntnis bekommt, dass man nichts aus eigener Kraft vermag, dann ist man in der Tat überwältigt, und man hört auf mit seinen eigenen Fähigkeiten auf und wartet darauf, dass Gott etwas tut. Gott wird aber niemals gegen unseren Willen oder ohne unsere Bereitschaft etwas mit uns tun. Wir denken da oft, dass wenn etwas nicht geschieht, es nicht Gottes Wille war – meistens ist es jedoch so, dass Gott eine Sache viel mehr möchte als wir, aber unsere Bereitschaft ist nicht vorhanden, aus welchen Gründen auch immer und so wartet er auf uns (und wir glauben, wir warten auf ihn…). Daher ist es wichtig, diese Prinzipien zu kennen, damit wir vor Passivität bewahrt bleiben, andererseits aber auch nicht in die Versuchung kommen, das Reich Gottes mit unseren eigenen Ideen und unserer eigenen Kraft zu bauen.

Mein Senf zum Korintherbrief, Teil 13

…einem anderen aber Auslegung der Sprachen. (1. Kor 12:10)

Beachten wir, dass das Wort Auslegung im Singular steht, das Wort Sprachen dagegen im Plural. Mag es auch verschiedene Arten von Sprachen geben, wenn die Gabe der Auslegung in Aktion tritt, wird es eine Auslegung geben und nicht verschiedene. Die Gabe der Auslegung legt die Vermutung nahe, dass die Sprachenrede von der Art ist, dass man sie nicht versteht, denn die Art von Sprachen, die zu Pfingsten gegeben wurde bedurfte nicht der Gabe der Auslegung, jeder hat sie verstanden.

Die Auslegung einer nicht verstandenen Sprache birgt natürlich ein Risiko. Daher ist es notwendig, dass Glieder mit der Gabe der Weissagung und der Gabe der Unterscheidung (oder vielleicht auch der Gabe der Erkenntnis) vorhanden sind, die das Gesagte prüfen, bzw die nach der Auslegung zu Rate gezogen werden sollten. Gibt der Geist eine Auslegung der Sprachenrede, so ist die Sprachenrede nicht mehr ausschließlich für Gott, sondern auch ein Wort an die Gemeinde – Gott lässt die Gemeinde auf diese Art an seinen Geheimnissen teilhaben (er kann seine Geheimnisse aber auch auf eine andere Art der Gemeinde zukommen lassen, dies ist nicht die einzige Art, Geheimnisse mitzuteilen). Die Auslegung kann aber auch überführend wirken, wenn Uneinigkeit aufkommt, im 14. Kapitel erfahren wir, dass die Auslegung einer Sprache den gleichen Wert wie die Weissagung hat. Deshalb darf niemand diese Gabe gering achten, so sehr sie auch unserer rationalistisch-aufklärerischen Prägung zuwider ist.

Dieses alles wirkt ein und derselbe Geist, der einem jeden persönlich zuteilt, wie er will.
(1. Kor 12:11)

Der Heilige Geist hat die absolute Souveränität, er bestimmt, wer welche Gabe bekommt, und er bestimmt auch wann jemand diese Gabe bekommt. Das dürfen wir nicht vergessen, wenn wir nach den Gaben streben. Wir entnehmen diesem Vers wieder – wie schon in 12:7 – dass einem jeden etwas gegeben wird. Wenn wir diese Verheissung nicht hätten, könnten wir gar nicht nach den Gaben streben, denn zuerst müssen wir erfahren, ob es überhaupt Gottes Wille ist, ob wir eine Gabe bekommen. Aus den Versen 12:7 und aus diesem Vers erfahren wir, dass es tatsächlich Gottes Wille ist, dass jeder – also auch wir – persönlich eine Gabe zugeteilt bekommt. Da wir dies erkannt haben, können wir Gott im Glauben darum bitten und im gleichen Moment auch glauben, dass er unser Gebet erhört hat, denn unser Gebet war nach dem Willen Gottes und wir wissen von Gott, dass er die Gebete, die seinem Willen entsprechen, sofort erhört:

Und das ist die Freimütigkeit, die wir ihm gegenüber haben, daß, wenn wir seinem Willen gemäß um etwas bitten, er uns hört. Und wenn wir wissen, daß er uns hört, um was wir auch bitten, so wissen wir, daß wir das Erbetene haben, das wir von ihm erbeten haben. (1. Joh 5:14-15)

Wir beten darum und glauben, dass Gott unser Gebet erhört hat und wir das Erbetene schon haben. Und wenn wir in diesem Glauben ausharren, dann wird früher oder später – den Zeitpunkt bestimmen nicht wir – unsere Gabe sichtbar werden. Obwohl Gott unser Gebet in so einem Falle sofort erhört und bejaht, bedeutet die sofortige Erhörung noch nicht die sofortige Sichtbarwerdung (siehe dazu Daniel 10:12-14), die irdische Erfüllung des Gebets kann sich verzögern. Dieses Gebet des Glaubens können wir nur beten, wenn wir die Gewissheit haben, dass wir nach Gottes Willen beten, daher gibt es einige Verse in der Bibel, durch die wir in Bezug auf die Gnadengaben Gottes Willen erkennen können. Mit so einem Gebet zwingen wir den Heiligen Geist nicht, denn wir bitten ihn lediglich das zu tun, was er sowieso gerne tun möchte, die Souveränität des Heiligen Geistes wird dadurch nicht verletzt.

…wie er will (1, Kor 12:11)

diese Bemerkung weisst uns auf eine sehr wichtige Tatsache hin: Der Geist entscheidet selber, wie er die Gaben verteilt. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Heilige Geist eine Person ist, die eigene Entscheidungen trifft und einen eigenen Willen hat. Dieser eigene Wille des Heiligen Geistes steht natürlich im vollkommenen Einklang mit dem Willen Gottes und dem Willen Jesu, und aus anderen Stellen der Bibel können wir erkennen, dass sowohl Jesus als auch Gott einen eigenen Willen haben. Wir sehen weiterhin aus diesen Versen, dass der Heilige Geist gemäß seinem Willen bestimmte Dinge tut, er wirkt Wunderkräfte, er teilt Gnadengaben aus, usw. Wenige Kapitel in der Bibel zeigen so deutlich die eigenständige Persönlichkeit des Heiligen Geistes auf, wie dieses 12. Kapitel. Die Verwaltung der Auferstehungskraft Gottes (d.h. Die Verwaltung der Gnadengaben, Dienste und Kraftwirkungen) ist unter anderem die Aufgabe des Heiligen Geistes. Natürlich tut er das nicht unabhängig von Christus und dem Vater, denn die drei sind eins, aber so wie es Christus “besondere” Auftrag war, ins Fleisch zu kommen und stellvertretend zu sterben, so ist es der “besondere” Auftrag des Geistes, die Auferstehungskraft Gottes zu verwalten und auszuführen. Der Heilige Geist ist eine Person – behandeln wir Ihn auch wie eine Person? Oder behandeln wir Ihn nur als die Kraft Gottes? Die Art und Weise wie wir mit dem Heiligen Geist umgehen beweist, ob wir ihn wirklich als eine Person ehren oder ob er für uns bloß eine unpersönliche Kraft ist. Natürlich wird jeder evangelikale Freikirchler behaupten, dass er den Heiligen Geist für eine Person hält – aber unsere Beziehung zum Heiligen Geist zeigt, was er in Wirklichkeit für uns ist.

Mein Senf zum Korintherbrief, Teil 12

einem anderen aber Unterscheidung der Geister; (1. Kor 12:10)

Gerade in der Endzeit werden viele Menschen auf Lehren der Dämonen (1. Tim 4:1) hören, das bedeutet, sie werden nicht einfach nur die falschen Auslegungen des Wortes Gottes glauben, sondern auch Lehren, die direkt von anderen Geistern stammen. Häufig entsteht eine falsche Lehre dadurch, dass der Prediger Gottes Wort mit seinen Ansichten vermischt, mit seiner Erfahrung und seinen Werten. Dadurch ist eine falsche Lehre noch nicht dämonisch, sie ist einfach fleischlich, denn ihr Ursprung ist der alte Adam, meistens der nicht erneuerte Verstand des Menschen. Es wird in der Endzeit aber vermehrt Lehren geben, die direkt aus der Hölle kommen, und diese sind noch fataler. Sie sind erstens schwieriger zu durchschauen, da sie oft einen Schein von Frömmigkeit haben, indem sie zum Beispiel eine gewisse Strenge oder Enthaltsamkeit gebieten. So ist zum Beispiel das Zölibat so eine Lehre, die von den Dämonen kommt, Paulus erwähnt dies direkt im nächsten Vers:

Sie verbieten zu heiraten, und gebieten, sich von Speisen zu enthalten,… (1 Tim 4:3)

Um dies zu erkennen, da braucht es die Gabe der Geisterunterscheidung. Denn wer ahnt schon, dass hinter einem harmlos klingenden Verbot wie nicht zu heiraten ein dämonischer Einfluss dahinter steckt? Gerade unter den konservativeren Christen gibt es viele solcher Verbote, die nach außen hin eine sehr fromm erscheinen, aber in Wirklichkeit sind es Lehren von Dämonen, und um diese zu entlarven, bedarf es der Kraft des Heiligen Geistes. Dies ist natürlich nur ein Beispiel für die Aktivitäten der dämonischen Geister, es gibt noch viele weitere Situationen, wo diese Gabe benötigt wird. Jesus erwidert Petrus: Weiche hinter mich Satan, denn er erkannte, was hinter dem Wunsch des Petrus, der Herr solle doch nicht leiden, steckte. In Apostelgeschichte gab es auch diese Wahrsagerin, die hinter Paulus herlief und schrie: Diese Menschen sind Knechte Gottes, des Höchsten, die euch den Weg des Heils verkündigen (Apg 16:17). Paulus erkannte durch die Gabe der Unterscheidung, dass hinter dieser absolut richtigen Aussage dämonische Geister steckten, und befahl ihnen auszufahren (Apg 16:18). Dieses Beispiel zeigt uns, dass die Gabe der Unterscheidung absolut übernatürlich und durch den Geist gewirkt ist, denn allein an den Worten, die ausgesprochen wurden, konnte man nichts dämonisches erkennen. Hier geschah die Unterscheidung der Geister nicht indem Paulus die Aussage auf ihre theologische Richtigkeit prüfte, denn theologisch richtig war sie auf jeden Fall. Dies alarmiert uns und zeigt uns, wie dringend wir diese Gabe in unseren Gemeinden benötigen. Wenn wir denken, solange wir die richtigen Worte und die richtigen Inhalte predigen, können wir nicht vom richtigen Glauben abfallen, so haben wir uns gewaltig getäuscht. Hinter den korrektesten Predigten können unreine Geister stecken – und wir werden es niemals herausfinden, wenn wir nicht unter die Herrschaft des Heiligen Geistes kommen und die Gabe der Unterscheidung bei uns wirksam wird. Eine Gemeinde, die auf diese Gabe verzichtet, oder die diese Gabe mit der verstandesmäßigen Überprüfung von theologischen Aussagen verwechselt, wird in der Endzeit nicht standhalten können.

…einem anderen aber Arten von Sprachen,… (1. Kor 12:10)

Auch hier steht die Mehrzahl Arten von Sprachen, was darauf hinweist, dass es verschiedene Arten von Sprachen gibt, die der Geist Gottes gibt. Würde es nur eine richtige Art von Sprachenrede geben, so müsste diese Gabe nicht in der Mehrzahl stehen. Daher fällt die Sprachenrede von Pfingsten, wo die Jünger in ihrer eigenen Sprache reden, aber jeder Zuhörer es in seiner Muttersprache aufnimmt, genauso unter diese Gabe, wie das Sprachenreden in der Gemeinde zu Korinth, über das Paulus im 14. Kapitel schreibt: Wer in Sprachen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott, denn niemand versteht es, im Geistes aber redet er Geheimnisse (1. Kor 14:2). Das Sprachenreden zu Pfingsten geschah eindeutig zu den Menschen, das Sprachenreden von dem Paulus in 1. Korinther 14 schreibt, geschieht nicht zu Menschen, sondern ist ausschließlich für Gott und niemand versteht es (1. Kor 14:2). So finden wir mindestens diese zwei Arten von Sprachenrede im Neuen Testament. Wir können nicht mit Gewißheit sagen, ob es noch weitere Arten von Sprachen gibt (Vgl. den paulinischen Ausdruck in 1. Kor 13:1 Wenn ich aber in Sprachen der Menschen und Sprachen der Engel redete...), und es macht auch nicht viel Sinn, darüber zu spekulieren, in welcher Sprache der Sprachenbegabte Geheimnisse zu Gott redet, ob es jetzt eine irdische Sprache ist oder eben nicht, denn es steht ganz klar geschrieben: niemand versteht es, denn er redet Geheimnisse zu Gott (1. Kor 14:2). Wenn in der Bibel niemand steht, dann ist das keine bloße Rethorik, sondern Gott gibt uns zu verstehen, dass nicht einmal der Teufel unser Gebet verstehen kann. Dies ist ein großer Segen, denn so kann er unsere Gebete nicht angreifen, unser menschlicher Geist steht durch das Gebet in einer unbekannten Sprache im direkten Kontakt zu Gott, er muss nicht den Umweg über die Seele d.h. unseren Verstand, unser Wille und unser Gefühl) nehmen und wird daher auch nicht verfälscht. Da hier menschlicher Geist mit göttlichem Geist in direktem Kontakt stehen, hat dies zur Folge, dass wir das Gesprochene selber nicht verstehen, da eben durch den direkten Kontakt der Verstand nicht beteiligt ist. Daher schreibt Paulus:

Denn wenn ich in einer Sprache bete, so betet mein Geist, aber mein Verstand ist ohne Frucht. (1. Kor 14:14)

Hier sagt Paulus nocheinmal deutlich, dass die Gnadengabe der Sprachenrede den Geist des Menschen zum direkten Kontakt mit Gott befähigt, ohne den Umweg über den Verstand zu nehmen. Dies ist das Entscheidende an der Gabe, wenn sie denn in der Art von 1. Korinther 14 gegeben wurde, wir wollen nicht vergessen, dass es verschiedene Arten von Sprachen (1. Kor 12:10) gibt. Auch für diese Gabe gibt es viele Zeugnisse in der Kirchengeschichte, aber darauf werde ich speziell im 14. Kapitel eingehen. Viele Zeugnisse für beide Arten von Sprachen (sowohl Apg. 2 als auch 1. Kor 14 finden sich unter anderem in den Büchern von Detmar Scheunemann und Petrus Octavianus (die haben keinen pfingstlichen oder charismatischen Hintergrund, sondern sind evanglisch-lutherisch geprägt). Von Watchman Nee wissen wir ebenfalls, dass er die Christen dazu ermutigte, nach dieser Gabe zu streben (Siehe dazu die zwei Biografien über ihn: “Gegen den Strom” von Angus Kinnear und “Ein Seher Gottes…” (? Kenne den genauen Titel nicht ?) von Witness Lee).


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