Die Sünden erlassen, Teil 2 – Verschone dein Volk

Im Hebräerbrief erfahren wir, dass eine der Hauptqualifikationen eines Priesters die Eigenschaften Barmherzigkeit und Mitleid sind und dass ein Priester die Aufgabe hat, für andere Sünder einzutreten, Gott zu bitten, ihnen ihre Sünden nicht anzurechnen (Hebr. 2:17-18, Hebr. 4:15-5:2). Dies wird in der Bibel auch als „die Sünden erlassen“ bezeichnet.

Jesus tut genau dies für uns, so wird es uns im Hebräerbrief berichtet, da steht, dass Jesus mit uns Mitleid hat, weil er unsere Schwachheiten kennt und genau wie wir in allem versucht wurde (Hebr. 4:15) und dass er „für immer lebt, um für sie einzutreten“ (Hebr.7:25). Jesus hat Mitleid mit uns und tritt für uns vor Gott ein. Was bedeutet es, „vor Gott für uns einzutreten“? Dasselbe Wort wird in Römer 8:34 gebraucht:

„Wer will verurteilen? Christus ist es, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der auch zur Rechten Gottes ist, der auch für uns eintritt!“

Christus tritt für uns ein vor dem Vater anstatt uns zu verurteilen. Wann tritt er für uns ein? Wenn wir alles richtig machen? Nein, denn dann ist ja keine Fürbitte notwendig, sondern gerade wenn wir einen Fehler machen, dann tritt er für uns ein. Eintreten und Fürbitte haben die gleiche Bedeutung. Jesus bittet den Vater für uns, er tritt für uns ein, anstatt uns zu verurteilen. Christus hat Mitleid mit uns, er verurteilt uns nicht und bittet den Vater, dass er uns unsere Sünden erlässt. Dadurch wird die Notwendigkeit der Buße nicht aufgehoben, wir müssen trotzdem Buße tun. Aber wenn uns die Sünden erlassen werden, und die Güte Gottes über uns kommt, dann kommen wir überhaupt erst auf den Weg, der zur Buße führt, denn es ist die Güte Gottes, die uns zur Buße führt, nicht seine Strenge:

„erkennst Du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?“ (Römer 2:4)

Wir denken oft, dass wir mit jemandem hart und streng ins Gericht gehen müssen, damit er Buße tut, aber die Bibel sagt das Gegenteil. Wenn wir hart und streng mit jemanden ins Gericht gehen, dann wird er nur noch weiter verhärtet und er entfernt sich von dem Weg der Buße. Das Wort Gottes sagt uns, was Menschen zur Buße bringt: Gottes Güte.
Wenn die Menschen erkennen, dass Gott sie nicht richtet, nicht anklagt, nicht verurteilt – obwohl sie es eigentlich verdient hätten, dann werden sie durch diese Güte Gottes überführt und tun Buße. Deswegen ist es so wichtig, dass wir für die Menschen eintreten und ihnen ihre Sünden erlassen:

„Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen, welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ (Johannes 20:23)

Als Priester ist es unsere Aufgabe, Sünden zu vergeben/erlassen und nicht Sünden zu behalten. Wenn wir Sünden behalten, dann bleibt die Anklage, die Verurteilung gegen die Menschen, die die Sünde begangen haben, bestehen. Das unschuldig vergossene Blut wird dann weiter zum Himmel schreien und Gerechtigkeit und Vergeltung einfordern. Das Blut Abels wird dann vom Boden zu Gott schreien. Wenn wir dagegen die Sünden erlassen, verstummt die Stimme dieses Blutes. Die Anklage wird dann vernichtet. Gott kann dann die Gebete hören, da die Gebete nicht mehr vom schreienden Blut übertönt werden. Jesus hat genau das am Kreuz getan:

„Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23:34)

Stefanus tat dasselbe, er erließ seinen Feinden ihre Sünden:

„Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ (Apg. 7:60)

Stefanus war ein Hohepriester für seine Feinde. Das Resultat: Einer der Feinde tat kurze Zeit später Buße, weil er eine gewaltige Begegnung mit Gott auf dem Weg nach Damaskus hatte und wurde vom Saulus zum Paulus verändert. Das ist die Frucht des Sünden erlassens.
Im Hebräerbrief steht genau beschrieben, für welche Leute wir als Priester eintreten sollen und wem wir die Sünden erlassen sollen:

„Ein solcher [gemeint ist ein Hohepriester] kann Nachsicht üben mit den Unwissenden und Irrenden [gemeint ist: Menschen, die vom richtigen Weg abgekommen sind]“ (Hebräer 5:2)

David sagt in den Psalmen, dass wir uns nicht über die Gottlosen ärgern sollen:

„Erzürne dich nicht über die Bösen, und ereifere dich nicht über die Übeltäter…Halte still dem Herrn und warte auf ihn! Erzürne dich nicht über den, dessen Weg gelingt, über den Mann, der Arglist übt.“ (Psalm 37:1+7)

Sehr oft ärgern wir uns über die Sünder und verlangen von ihnen dass sie ihr Leben ändern – dabei vergessen wir, dass sie in ihren Sünden tot und gefangen sind und aus eigener Kraft sich nicht helfen können. Sie brauchen einen Priester, der für sie eintritt. Wenn wir uns aber über sie ärgern, wenn wir Anstoß an ihnen nehmen oder sie kritisieren, dann können wir nicht mehr für sie eintreten und ihnen die Sünden erlassen. Gott möchte, dass seine Priester genau das Gegenteil tun:

„Die Priester, die Diener des Herrn, sollen zwischen der Halle und dem Altar weinen und sagen: Herr, habe Mitleid mit deinem Volk und gib dein Erbteil nicht der Beschimpfung preis, dass die Heidenvölker über sie spotten! Warum soll man unter den Völkern sagen: Wo ist ihr Gott?“
„Danach gerät der Herr in Eifer und hat Mitleid mit seinem Volk. Und der Herr wird antworten…“ (Joel 2:17ff)

Jesus sagt den Pharisäern, dass sie die Propheten zwischen Halle und Altar töten, anstatt ihnen ihre Sünden zu erlassen (Matthäus 23:34-35). Wir berufen, eine heilige Priesterschaft zu sein. Wir müssen Buße tun, dafür, dass wir Sünden behalten haben, dafür dass wir uns über Sünder geärgert haben oder Anstoß an ihnen genommen haben. Wir müssen dafür Buße tun, dass wir ihnen die Sünden nicht erlassen haben, sondern dass wir ihnen stattdessen (oft auch wegen unseres Ärgeres) Gericht und Verdammung gepredigt haben. Die Güte Gottes leitet zur Buße. Wir brauchen ein weiches Herz, voller Mitleid und Barmherzigkeit, welches Sünden erlässt und für die Sünder weinen kann.

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