Mein Senf zu Hiob #2

Erbarmt euch, erbarmt euch über mich, ihr meine Freunde! Denn die Hand Gottes hat mich getroffen…Doch ich weiß: Mein Erlöser lebt, und als der letzte wird er über dem Staub stehen – Hiob 19, 21+25

Hiob kann es nicht totschweigen oder schönreden, denn er hat das schreckliche erkannt: Gott ist an seiner miserablen Lage mitverantwortlich. Hiob weiss, dass er das Leid nicht erlebt, weil er schlecht ist und es irgendwie “verdient” hat (das wollen ihm seine Freunde die ganze Zeit einreden, und sie wollen ihm einreden dass Gott sowas nur mit ganz ganz bösen Menschen machen würde…)

Aber Hiob weiss, dass erstens Gott seine Finger ihm Spiel hat: Die Hand des HERRN hat mich getroffen, und zweitens weiß er, dass ihm dies nicht passiert, weil er was böses getan hat. Doch diese Erkenntnis macht es nur noch schwieriger:

Zuerst verliert er sein altbekanntes Glaubensbekenntnis, seine Theologie, dass Gott die Guten belohnt und die Bösen bestraft geht baden.

Dann verliert er seine Freunde, weil diese sich in ihrer Theologie nicht korrigieren lassen wollen. Sie wollen ihr Gottesbild nicht revidieren: Dieser Gott, den Hiob da zu erleben meint, der ist viel zu souverän, unkontrollierbar, schrecklich und furchteinflößend und er entzieht sich jeder Kontrolle. Seine Freunde haben ihre Theologie an die Stelle Gottes gesetzt und glauben an ihren Glauben an Gott anstatt an Gott selbst.

Aber Hiob macht sich dadurch noch unbeliebter, weil die Wirklichkeit und Realität seines Elends ein echten Beweis für dieses neue Gottesbild darstellt – und damit können seine alten Freunde nicht leben, sie müssen das irgendwie wegerklären.

Ihnen bleibt nur eine Wahl: Entweder sie tun Buße, sie bereuen und geben zu, dass sie Hiob unrechtmäßig beschuldigt haben und dass sie ein komplett falsches Gottesbild gehabt haben, oder sie stellen Hiob als Lügner und Bösewicht dar. Ihr Wohlstandsevangelium lässt ihnen keine andere Wahl, ihre Theologie trägt den FLUCH DER ENDGÜLTIGKEIT:

Je mehr sie ihre Theologie und damit ihr Gottesbild verteidigen, desto mehr schlagen sie einen endgültigen Weg ein, aus dem es immer schwerer wird umzukehren. Sie laufen in eine Sackgasse, und die einzige Möglichkeit für sie ist, den ganzen Weg zu Fuss zurückzulaufen und mit Gott von vorne anzufangen. Das ist aber zu schwer und es ist viel leichter, die tragische Realität durch viele rationale Erklärungen schönzureden und damit Hiob schlechtzumachen. Entweder Hiob oder Sie – entweder Hiobs neuer Gott oder ihre alte, traditionelle Theologie (Man beachte wie Bildad sich in Kapitel 8 auf die Tradition der Väter beruft und ebenso wie Eliphaz in Kapitel 15 sich auf althergebrachte Traditionen stützt…)

In den Augen der Freunde verunglimpft Hiob Gott durch seine Aussage, dass Gott ihn dies wiederfahren lässt, ohne dass er was Böses getan hat. In den Augen seiner Freunde sagt Hiob damit aus, das Gott ungerecht ist – denn mit ihrem oberflächlichen Gottesbild lässt sich so eine Aussage nicht erklären. In ihren Augen verunehrt Hiob Gott, und man merkt Hiob an, dass ihm selber solche Aussagen nicht leicht fallen. Aber er muss sie machen, weil sie der Realität entsprechen:

Denn die Hand Gottes hat mich getroffen.

Hiob lebt gemäß seiner stückweisen Erkenntnis. Die Erkenntnis dass Gott dieses Leid trotz Hiobs Unschuld zulässt ist auch für Hiob schwierig zu schlucken und weder theologisch noch rational erklärbar. Aber Hiob hat dies nun mal erkannt und er kann es nicht leugnen. Hiob ist so authentisch, er kann nicht einmal lügen um Gott in Schutz zu nehmen. Seine Freunde verbiegen die Realität, um Gott besser darzustellen, aber das ist durch und durch unehrlich:

Wollt ihr für Gott Verkehrtes vorbringen und für ihn Falsches vortragen? Wollt ihr seine Partei ergreifen, wollt ihr für ihn den Rechtstreit führen? Hiob 13,7+8

Doch ich weiß: Mein Erlöser lebt, und als der letzte wird er über dem Staub stehen

Hiob dagegen hofft auf das Unerklärliche und Paradoxe: Der Gott, der ihn schlägt, wird zugleich auch sein Erlöser sein. Gott wird sich entweder selber aus diesem Paradoxon rechtfertigen oder niemand wird es tun. Hiobs Hoffnung ruht darauf, dass der Gott, der ihn jetzt schlägt ihn am Ende so erretten wird, dass nicht nur Hiob sondern auch Gott selber unbefleckt dasteht.

Es geht hier gar nicht nur um Hiobs Ehre, sondern vor allem um Gottes Ehre und und die Frage: Gibt es einen Menschen auf dem gesamten Erdkreis, der Gott nicht nur wegen seiner Segnungen liebt? Der Gott liebt und an Gott glaubt, weil Gott Gott ist, und nicht weil er der große Weihnachtsmann im Himmel ist, der uns mit materiellen und geistlichen Segnungen beschenkt wenn wir artig sind, fromm beten und einen großen Glauben haben. Entweder wird Gott sich aus dieser Situation selber rechtfertigen oder Gott hat seine Wette verloren.

Erbarmt euch, erbarmt euch über mich, ihr meine Freunde!

Hier hört die Weisheit der Menschen auf, und das weiseste was Hiobs Freunde tun könnten wäre dies einzugestehen und dann mit Hiob zusammen schweigen und trauern, wie sie es am Anfang getan haben. Sie wollen dies Problem aber lieber selber mit Hilfe ihrer Theologie und ihrer Weisheit lösen, anstatt auf Gott zu warten und zu hoffen – und das ist eine Sackgasse mit dem Fluch der Endgültigkeit.

Though he slay me, yet will I trust in him: but I will maintain mine own ways before, him. He also shall be my salvation: for a hypocrite shall not come before him. JOB 13,15+16

Dieser Vers fasst das Gesagte noch einmal zusammen: Obwohl ER mich schlägt, will ich doch in Ihn vertrauen, ich werde meinen Weg aufrecht und in Wahrheit weitergehen, ich werde nicht lügen um Gott zu helfen, alle Heuchler werden nicht vor Gott bestehen…

[Dies sind die Gedanken, die mir von Oswalds Chambers Auslegung zum Buch Hiob (Baffled To Fight Better) hängen geblieben sind]

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