Das Auge des Geiers #2 – Ein geheimer Ort, den der Geier nicht finden kann

Nachdem der erste Teil dieser Serie den Titel noch nicht erklärt hat, möchte ich das jetzt tun. Wie kommt diese Serie zu ihrem Titel? Den Titel habe ich mir nicht ausgedacht, er stammt aus der Bibel. Hiob berichtet von einem geheimen Platz und von dem Weg/Pfad zu diesem geheimen Ort. Er berichtet über diesen Ort, dass dort sogar das Gold noch weiter gereinigt, bzw. geläutert wird.

Denn für Silber gibt es einen Fundort und einen Platz, wo das Gold geläutert wird ~ Hiob 28:1

Das hebräische Wort, welches hier für “Platz” gebraucht wird, heißt “maqom” (Strong Nr. H4725) und hat neben der wörtlichen Übersetzung mit “Platz, Örtlichkeit” auch die Übersetzung “Zustand oder Verfassung des Körpers oder des Verstandes” gemäß Strong’s Wörterbuch.

מקמה מקומה מקם מקום
mâqôm mâqôm me qômâh me qômâh
(1,2) maw-kome’, (3,4) mek-o-mah’
From H6965; properly a standing, that is, a spot; but used widely of a locality (generally or specifically); also (figuratively) of a condition (of body or mind)

Man kann sich natürlich mit der wörtlichen Übersetzung dieser Stelle zufrieden geben, man kann sagen, Hiob redet in diesem Kapitel vom Bergbau, aber erstens macht das im Kontext überhaupt keinen Sinn und zweitens ist die Bibel mit geistlichen Augen und Ohren des Herzens geistlich zu verstehen. Paulus erklärt dies im 1. Korintherbrief:

Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist aus Gott, so daß wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist; und davon reden wir auch, nicht in Worten, die von menschlicher Weisheit gelehrt sind, sondern in solchen, die vom Geist gelehrt sind, indem wir Geistliches geistlich beurteilen. Der seelische Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geiste Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht verstehen, weil es geistlich beurteilt werden muß. ~ 1. Kor 2:12-14

Dazu gibt es noch viel mehr Verse in der Bibel, einige Aussagen dazu sogar direkt von Jesus, aber wer diese Verse nicht glaubt, der kann genauso gut hier aufhören zu lesen. Ich werde diese Aussagen Hiobs geistlich beurteilen. Die geistliche Bedeutung ist, dass es einen geheimen Platz gibt, wo Silber gefunden wird und wo selbst Gold – eines der reinsten Metalle – noch reiner geläutert wird. Wer sich in der Bibel auskennt, der weiß, was dieser geheime Ort ist. Kolosser 3:3 beschreibt diesen Ort, wo wir “verborgen mit Christus in Gott” sind. Offenbarung 3:12 beschreibt ebenfalls diesen Ort (als eine Belohnung für die Überwinder) und noch sehr viele andere Stellen in der Bibel. Es ist der Ort der ständigen manifesten Gegenwart Gottes, einen Platz, den nur sehr wenige Heilige gekannt haben (über einige davon berichte ich auf diesem Blog, z.B. Ed Miller, Frank Laubach oder Walter Beuttler, es gibt aber auch andere wie Madame Guyon oder Bruder Lorenz).

In Vers 7 wird der Weg zu diesem geheimen Ort und es gibt deshalb nur wenige Personen, die diesen Ort erreicht haben, weil es ein “wenig gegangener Weg” ist, wie auch der Name dieses Blogs “The Road Less Traveled” andeutet. Hiob sagt:

Ein Pfad, den der Raubvogel nicht kennt, und den das Auge des Geiers nicht erblickt hat ~ Hiob 28:7

Der Weg zu diesem Ort kann von einem Raubvogel und von einem Geier nicht gefunden werden. Ein Raubvogel symbolisiert eine Person, die sich auf andere Personen, auf ihre Beute stürzt und ein Geier ist ein Vogel, der sich von Aas, von totem Fleisch, ernährt. Eine Person, die diese Eigenschaften aufweist, wird noch nicht einmal den Weg zu diesem Ort finden. Die Geier zeichnen sich unter anderem auch durch einen besonders scharfen Blick aus, mit dem sie schon von weitem das Aas, das Tote, sehen können.

Menschen, die voller Kritik sind, haben genau diese Eigenschaften. Sie stürzen sich auf ihre Beute wie ein Raubvogel und schreiben Bücher, Hefte oder Internetartikel gegen ihre Beute, in denen sie Gerüchte und Lügen verbreiten, mit denen diese Leute “getötet” werden. Im hebräischen Kontext schließt der Begriff Mord auch immer “Mord mit der Zunge” ein, auch dazu gibt viele Bibelstellen, die ich aus Platzgründen nicht anführe. Die Pharisäer waren solche “Raubvögel”, denn es steht geschrieben, dass sie Jesus auflauerten (Mk 3:2, Lk 6:7, Lk 11:54, Lk 14:1) um Fehler (ihre Beute, das Aas) zu finden.

Viele Pharisäer tun dies heute noch, im Namen der Apologetik und sie sehen sich berufen, das Volk Gottes vor allem Falschen zu warnen. Sie haben die scharfen Augen eines Geiers, mit denen sie schon von weitem jedes falsche Komma und jeden Fehler bemerken. Jesus und Paulus haben auch auf die Fehler hingewiesen, aber Jesus ist für seine Feinde gestorben und sein Herz war voller Mitleid. Paulus sagt von sich selbst, dass er keine Kompromisse gemacht hat, getadelt, zurechtgewiesen hat und gleichzeitig “wie eine stillende Mutter war”:

Denn unsere Ermahnung war nicht aus Betrug, noch aus Unreinigkeit, noch mit List; sondern so, wie wir von Gott bewährt worden sind, mit dem Evangelium betraut zu werden, also reden wir, nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft. Denn niemals sind wir mit einschmeichelnder Rede umgegangen, wie ihr wisset, noch mit einem Vorwande für Habsucht, Gott ist Zeuge; noch suchten wir Ehre von Menschen, weder von euch, noch von anderen, wiewohl wir als Christi Apostel euch zur Last sein konnten; sondern wir sind in eurer Mitte zart gewesen, wie eine stillende Mutter ihre eigenen Kinder pflegt. ~ 1. Thess 2:4-7

Jeder, der andere ermahnt, der auf Fehler, auf Irrlehren aufweist und nicht dieses sanfte, zarte Herz einer stillenden Mutter hat, jeder der ein hartes Herz hat, der ist ein Raubvogel und ein Geier und hat keine echte geistliche Autorität zu Ermahnen und zum Zurechtweisen. Ich lehre hier nicht, dass man nicht ermahnen soll, aber ich lehre, dass man die richtige Herzenshaltung haben muss.

Wenn man das Auge eines Geiers hat, das nur nach Fehlern sucht, dann hat man das Herz eines Pharisäers, der Jesus auflauert. So eine Herzenshaltung ist niemals richtig und man merkt bei solchen Leuten sofort, dass sie nicht in der manifesten Gegenwart Gottes leben. Sehr oft wissen diese Leute noch nicht einmal, was das ist.

Die Geier der alten Welt haben sehr oft parasitäre Verhaltensweisen entwickelt, sobald ein Geier etwas Aas entdeckte, kamen sofort auch andere Geier hinzu. Dies Verhalten zeigt sich auch bei Menschen, die ein kritisches Herz und eine negative Herzenshaltung haben. Sie lieben es, Gerüchte über die Sünden der anderen zu hören und freuen sich und fühlen sich bestätigt, wenn ein Dienst oder ein Mann Gottes gefallen ist. Anstatt dass sie eine priestlicher Gesinnung zeigen, Mitleid haben und für ihn beten “Verschone dein Volk”, fühlen sie sich in ihrer Geier-Haltung bestätigt und ernähren sich von den gefundenen Fehlern:

Die Priester, die Diener Jahwes, sollen weinen zwischen der Halle und dem Altar und sprechen: Verschone dein Volk, Jahwe, und gib nicht dein Erbteil der Schmähung hin, daß sie den Nationen zur Spottrede seien! Warum soll man unter den Völkern sagen: Wo ist ihr Gott? ~ Joel 2:17

Solche Geier haben keine Tränen für die Fehler anderer Christen, sie können nicht über den Zustand des Volkes Gottes um Gnade bitten. Tief in ihrem Herzen fordern sie Gericht von Gott, über alle, die nicht mit ihrer Theologie übereinstimmen. Johannes schreibt über diese Geier ein hartes Urteil:

Wir wissen, daß wir aus dem Tode in das Leben übergegangen sind, weil wir die Brüder lieben; wer den Bruder nicht liebt, bleibt in dem Tode. Jeder, der seinen Bruder haßt, ist ein Menschenmörder, und ihr wisset, daß kein Menschenmörder ewiges Leben in sich bleibend hat. ~ 1Jn 3:14-15

6 comments

Hi Helm,
ich stimme deinem Artikel weitgehend zu und habe ein paar Anmerkungen dazu.

Der Geier ist nicht sehr beliebt und niemand hält ihn sich gerne als “Haustier”, er hat aber durchaus auch eine hygienische Bedeutung – indem er das Aas aufspürt, frisst und verdaut, wird der Platz gesäubert und vom üblen Gestank befreit. Das ist im übertragenen Sinn auch die Auf-Gabe des Ermahnens und der Zurechtweisung.

Dass du hier mit einer betimmten Tendenz und Intention an das Thema herangehst, scheint mir unübersehbar.
Selbstverständlich gibt es den “Rufmord”. Wieso aber jeder, der Bücher oder Internetseiten veröffentlicht, in denen z.B. auf Irrlehren hingewiesen, sie aufgedeckt und widerlegt werden, gleich “Gerüchte und Lügen” verbreitet, ist doch übertrieben. Ist das nicht auch schon Rufmord?

Mir ist schon klar, dass es solche Menschen gibt, die den Weg des Lebens aus den Augen verlieren und nicht in die Gegenwart Gottes gelangen, weil sie ständig und wie gebannt auf all das Unrecht, die Fehler und Mängel schauen. Das verpassen aber auch etliche, die eine fatalistische Einstellung entwickelt haben, indem sie sagen, jeder solle doch seinen Weg gehen, Gott werde es dann schon richten.
Beide müssen ermahnt werden.

Laut Paulus gehört das Ermahnen zu den Gaben, die durch den Heiligen Geist der Gemeinde gegeben sind:

Rom 12:6 Wenn wir aber auch verschiedene Gaben haben nach der uns verliehenen Gnade, zum Beispiel Weissagung, so stimmen sie doch mit dem Glauben überein!
Rom 12:7 Wenn einer dient, sei es so in dem Dienst; wenn einer lehrt, in der Lehre;
Rom 12:8 wenn einer ermahnt, in der Ermahnung. Wer gibt, gebe in Einfalt; wer vorsteht, tue es mit Fleiß; wer Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit!

Ermahnung, Zurechtweisung usw. muss natürlich immer der Milch der stillenden Mutter entsprechen, die nicht nur nahrhaft ist, sondern eben auch unverzichtbar für eine gesunde Entwicklung des Kindes.

Segen

Ein anregender Artikel, Helmut! Manches kann man aber auch anders ‘sehen’:
Der Pfad, den der Raubvogel nicht kennt, und den das Auge des Geiers nicht erblickt ist JESUS selber – als unser WEG, die Wahrheit und das Leben.
Ein Geier konnte IHN nicht erblicken, weil ER keine tote Fleischlichkeit hatte.
‘Wo das tote Fleisch ( Aas) ist, sammeln sich die Geier!’ sagt Jesus auf die Frage, wann das Ende der Welt sein wird. Der göttliche Geier ( prophetischer Adler ) ‘riecht’ die selbstgerechte tote Fleischlichkeit, die zum Ende der Zeit immer mehr zunimmt. Er sorgt für göttliche Hygiene, damit sich keine Krankheit im Volk verbreitet. Dieser ‘göttliche Geist des Adlers’ war auf Paulus als er die religiöse Fleischlichkeit von Petrus konfrontierte, als diese ‘Säule der Gemeinde’ wahrscheinlich aus Menschenfurcht mit Anhängern der alten Gesetzlichkeit heuchelte. (Ähnlich ‘nett’ wie Petrus habe ich mich leider selber viel zu oft im Angesicht von religiöser Unterdrückung verhalten, statt demütig & sanftmütig in Christus für die Herrliche Freiheit der Kinder Gottes aufzustehn.)
Dieser wachsam prüfende Geist auf Paulus hat nichts mit dem selbstgerechten mörderischen Richt-Geist des Phari-‘Sehers’ zu tun, der in religiöser Verblendung alle, die in der Freiheit Geist wandeln, anklagt, zu Grunde richtet und zumindestens mundtot machen will.
Herr gib uns deinen Geist, damit wir die Geister prüfen und unterscheiden können!

Hi Bento,

ich bin absolut nicht gegen das Ermahnen und auch nicht gegen Gemeindezucht usw. Ich bin sehr dafür und Gott gibt mir immer mehr Gnade, in der Kraft des Geistes Menschen zu ermahnen. Ich habe in den letzten Monaten öfter ermahnt als in meinem ganzen Leben.

Ich konzentriere mich aber in diesen Artikeln auf den Richtgeist, auf Kritik, Verurteilen und Manifestationen eines harten Herzens.

Ich denke im nächsten oder übernächsten Artikel werde ich anhand von Bibelversen genau erklären, was der Unterschied zwischen Ermahnen und Kritisieren ist.

Ich habe aus meiner eigenen Erfahrung und aus meiner Erfahrung als Gemeindeältester gelernt, dass ein Geist der Kritik wesentlich schlimmer ist als ein Ausbleiben der Ermahnung. Beides ist nicht gut, aber Kritik ist viel viel viel schlimmer.

Eine Person, deren Herz voller Kritik und Richten ist, kann nicht eine einzige Sache von GOtt empfangen, weder durch Handauflegung, noch durch eine Predigt oder durch den Lobpreis (Anbeten kann diese Person sowieso nicht).

Das Einzige was so eine Person empfangen kann, ist Befreiung von der negativen Herzenshaltung. Solange das nicht geschieht, wird sie von allen anderen geistlichen Segnungen abgeschnitten bleiben. Das ist leider die Realität und deswegen attackiere ich diese Festung.

ok, alles klar – ich bin dabei! :-)

Hi Gerd,

das Jesus dieser Weg ist, ist absolut richtig. Das ist eine sehr gute Theologie. Nur was bedeutet das praktisch für mein Alltagsleben? Jesus sagt, dass er sanftmütig und von Herzen demütig ist – wenn ich also diesen Weg gehen möchte, muss ich auch irgendwie Sanftmut und Demut in mein Herz kriegen. Deswegen ist das Aufräumen mit Kritik ein sehr praktischer Wegweiser, der einem auf diesem Weg weiterbringt.

Zu dem anderen:

Das macht sicher Sinn, so wie Du das beschreibst, aber hast Du Bibelstellen dafür? Paulus hat Petrus in Liebe ermahnt – Liebe kann auch intensiver werden, immerhin züchtigt Gott ja auch seine Kinder, wenn er sie liebt. Paulus war aber kein Raubvogel und Geier, der nur darauf gewartet hat, dass Petrus einen Fehler macht. Paulus hat ihm nicht aufgelauert. Insofern war er kein Geier.

Das wir wachsam sein sollen und das wir ermahnen sollen, das ist klar, das sagt das Wort Gottes deutlich (wir sollen sogar täglich ermahnen, sagt der Hebräerbrief), aber das hier ist eine Serie über Kritik und Verurteilen/Richten und andere Herzenshärtigkeiten. Warum kommen hier auf einmal soviele Kommentare a la “Wir müssen aber auch ermahnen”?

Das ist so, wie wenn jemand ein Artikel über Segen schreibt und dann sagen ihm alle “Es gibt aber auch Flüche”…

Das griechische Wort, das mit üblicherweise nur mit ‘Ermahnen’ übersetzt wird, bedeutet gleichzeitig auch ‘Ermuntern’. Hier zeigt sich der Zustand unseres Herzens ,ob wir nur selbstgerecht mit Schaum auf den Lippen und dem Balken vor den eigenen Augen die fehlerhaften Geschwister ‘ermahnen’.
Jesus sucht Nachfolger, die auf der einen Seite nicht wegsehen, denen der Splitter im Auge des Bruders nicht egal ist. Gleichzeitig brauchen wir ein Bewusstsein der eigenen Schwäche, die uns hilft demütig & sanftmütig eine ‘Augenoperation an einem geliebten Familienmitglied’ vorzunehmen. Hinweisend hilfreich ‘ermahnen’ und gleichzeitig zum tieferen Erkennen des Herrn auf dem Weg ‘ermuntern’. Wir alle brauchen ermahnende Ermunterer, die uns zur Freude am Herrn anleiten :o)

Nur mit der Herzenshaltung des Lammes wird der wachsame ‘prophetische Adler’ die richtige Sicht haben.

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