Mein Senf zum Korintherbrief, Teil 2

Ihr wißt, dass ihr, als ihr zu den Heiden gehörtet, zu den stummen Götzenbildern hingezogen, ja, fortgerissen wurdet (1. Kor. 12:2)

Dieser Vers beginnt mit einem ähnlich inhaltsschwangerem Hinweis: als ihr zu den Heiden gehörtet – Die Hauptbedeutung des Wortes “Heiden” meint “ein nichtjüdisches Volk”. Soll das etwas bedeuten, dass die Korinther jetzt auf einmal Juden geworden sind, wenn Paulus von einer Zeit spricht, als sie einmal Heiden waren? Oder besteht die Gemeinde in Korinth hauptsächlich aus wiedergeborenen Juden? Oder – und das würde den modernen Bibelauslegern gefallen – wird die Bedeutung des Wortes “Heiden” kastriert und einfach im Sinne von “Nichtchristen” ausgelegt? Letzteres scheint uns am naheliegendsten, aber darin zeigt sich wieder nichts als Oberflächlichkeit und durch diese Oberflächlichkeit gehen uns wichtige Erkenntnisse verloren.

Wenn wir das Alte Testament genau lesen, dann werden wir merken, dass sämtliche Verheißungen über Wiedergeburt, über die Innewohnung des Heiligen Geistes, über die Kraft des Geistes und über den neuen Bund an das Volk Israel gerichtet sind. Lesen wir zum Beispiel Hesekiel 36, eine der ausführlichsten Beschreibungen der Weidergeburt und des neuen Bundes im Alten Testament, so werden wir merken, dass diese Verheissung der Wiedergeburt und der Empfang des Geistes an das Volk Israel gerichtet ist und nicht an die Heiden. Für Gott ist das “Christentum” eng mit Israel verbunden. Israel ist das Volk des Bundes, dem alle Verheissungen gelten, die Heiden haben eigentlich keinen Anspruch darauf (vgl. Jesu Ausspruch zu der syrophönizischen Frau, zu der er sagt: Ich bin nur zu den Schafen des Hauses Israel gesandt…).

Wie kann es sein, dass wir trotzdem in den Genuß dieser Tatsachen kommen, ebenso damals die Korinther, die ja zum großen Teil nichtjüdisch waren? Hier sind viele Geheimnisse verborgen, und wenn man dies versteht, dann werden einem viele alttestamentliche Verheissungen und Absichten Gottes klar. Aber für unsere Auslegung reicht es, wenn ich auf Paulus Aussage in Römer 9 verweise:

Meine Verwandten nach dem Fleisch; die Israeliten sind, deren die Sohnschaft ist und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Gottesdienst und die Verheißungen; deren die Väter sind und aus denen dem Fleisch nach der Christus ist… (Röm 9:4f)

Hier sagt Paulus dasselbe: Die Segnungen des Bundes gehören zu Israel, und in den nächsten Versen erklärt er dann, wie Gott das Volk Israel sieht und löst somit die Spannung:

Nicht aber als ob das Wort Gottes hinfällig geworden wäre… (Röm 9:6)

Auf keinen Fall hat Gott seine Verheißungen zurückgezogen oder einfach geändert. Er hat seine Verheißungen nicht einfach den Israeliten weggenommen und den Heiden gegeben., noch hat er Israel einfach beiseite gesetzt:

…denn nicht alle, die aus Israel sind, die sind Israel,… (Röm 9:6)

Und hier sehen wir, dass Israel nicht gleich Israel ist. Denn Gott schaut nicht auf den natürlichen Ursprung, sondern er schaut auf den geistlichen Ursprung. Gott schaut nicht auf das Äußere, sondern auf das Innere:

…auch nicht weil sie Abrahams Nachkommen sind, sind alle Kinder, sondern in Isaak wird dir eine Nachkommenschaft genannt werden. Das heißt: Nicht die Kinder des Fleisches, die sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung werden als Nachkommenschaft gerechnet.

Aus diesen Versen sehen deutlich, dass es zwei Arten von Israel gibt, einmal das Israel nach dem Fleisch und zum anderen das Israel nach der Verheißung, das Israel nach dem Geist. Die Israeliten im Alten Testament, die sich einen Dreck um Gottes Gebote geschert haben, die hat Gott niemals als “echte” Israeliten gesehen, sie waren zwar Abrahams Kinder, aber lediglich nach dem Geist, beschnitten am Fleisch, aber nicht beschnitten am Herzen. Die Israeliten jedoch, die sich um Gottes Gebote gesorgt hatten, die sich vor Gott gedemütigt hatten und an seine Verheissungen glaubten, die waren die eigentlichen Kinder Abrahams. Und in dieser Tradition steht die Gemeinde, der Leib Christi, dass ist das geistliche Israel, die durch den Heiligen Geist am Herz beschnittenen Nachkommen Abrahams, die den abrahamitischen Glauben haben – diese sind es, die in den Genuß der Verheißungen kommen. Das Israel nach dem Fleisch hatte die natürlichen Verheissungen, wie zB Bewahrung vor Krankheiten und Versorgung mit Essen als sie durch die Wüste zogen, sie kamen jedoch nicht in den Genuß der geistlichen Verheißungen, sie haben nicht die Ruhe gefunden und sind nicht in das Allerheiligste eingekehrt, wie wir aus Hebräer 3 und 4 erfahren.

Weil die Korinther als glaubende Kinder Gottes das Israel nach dem Geist darstellen, gerade deswegen steht ihnen die Kraft des Geistes samt ihren konkreten Auswirkungen (wie die in 12-14 erwähnten Geistesgaben und Kraftwirkugen) zu. Wir brauchen die Bibel nicht “zurechtbiegen”, damit sie mit unseren Erfahrungen übereinstimmt, wir dürfen uns vom Geist Gottes die scheinbaren “Widersprüche” erklären lassen und erhalten so eine tiefere Einsicht in die Pläne und Absichten Gottes.

Die Gaben des Geistes stehen und fallen mit dem Glauben – und wie wollen wir glauben, wenn wir doch Ungewißheit haben, ob sie uns überhaupt zustehen? Wie können wir von Gott etwas im Glauben erwarten, was uns nicht zusteht, oder wo wir uns nicht sicher sind, ob es uns zusteht, und ob Gott es uns geben will? Das wird niemals funktionieren. Deswegen war es so wichtig, diese Grundlage zu legen, um ein- für allemal klarzumachen, dass das Alte Testament nicht nur für das alte Israel ist (das natürliche Israel nach dem Fleisch), und uns heute nichts angeht, im Gegenteil: Das Alte Testament geht die neutestamentiche Gemeinde mehr an, als sie es gerne wahrhaben möchte.

Es fällt uns leicht, zu sagen: Das war früher, jetzt leben wir im Zeitalter der Gemeinde, das gilt jetzt nicht mehr – aber dies ist nichts als eine faule Ausrede, ein stinkender Kompromiß, der aus unserem oberflächlichen Umgang mit dem heiligen Wort Gottes entsprungen ist. Die gesamte Bibel ist Gottes Wort an die gesamte Welt, an die Heiden, an die Juden und vor allem an Abrahams Kinder nach der Verheissung. Natürlich können wir im Gegenzug dazu nicht jede beliebige Verheißung aus dem AT herauspflücken und auf uns anwenden, das wäre genauso oberflächlich und entspricht dem anderen Extrem. Wir dürfen aber den Heiligen Geist bitten, uns die Verheißungen zu erklären und uns zu überführen – und er wird das gerne tun, wenn wir die dafür notwendige Geduld aufbringen.

8 comments

Meiner Meinung nach ist das Alte Testament abgeschloßen seit Jesus auf die Erde gekommen ist und uns von dem Gesetz befreit hat!

Wie kann denn das AT abgeschlossen sein?
Da gibt es doch noch genug Prophetien aufs tausendjährige Reich, siehe z.B. Psalme und Jesaja. Und die Ereignisse, die vor der Gesetzgebung stattgefunden haben.
Außerdem gilt ein gesprochenes Wort Gottes vom Zeitpunkt der Aussprache bis in alle Ewigkeit, einfach weil es etwas von Gott selbst offenbart, und der bleibt immer der selbe.
Weiterhin offenbart sich in der gesamten Schrift, also AT und NT die Weisheit Gottes, und die ist alle Zeit die selbe bis in alle Ewigkeit.
Auch ist das NT nicht nach dem AT entstanden, sondern beide bilden ein Ganzes. Schon in 1. Mose 3 gibt es eine Prophetie auf die Gemeinde, und nur wenn mann das AT kennenlernt, fängt man an die unergründlichen Tiefen des NT zu verstehen.
Wenn Gott, der allmächtig und souverän ist, der sich von keinem Menschen in die Suppe spucken lässt, beschließt, das AT fasst dreimal so dick wie das NT zu machen, dann sollte das AT doch eine Bedeutung haben. Und wenn Gott, der so allmächtig und souverän ist, beschließt, dass die Bibel aus AT und NT besteht, und dass das NT am Anfang steht, dann wird wohl das AT das Fundament in so ziehmlich jeder Hinsicht für das NT sein. Und bekanntlich kann ein Gebäude ohne Fundament nicht stehen, wie auch jeder Tempel des Heiligen Geistes es nicht kann.

@ Alex:

Die Apostel und die ersten Christen haben ihre gesamte Theologie auf das AT aufgebaut – die hatten ja auch kein Neues Testament. Das wir vom Gesetz befreit ist absolut klar – aber das Gesetz ist immer noch notwendig, damit die Mesnschen von ihrem Unvermögen überführt werden, Gottes unerreichbaren Maßstab erkennen und somit auf die Herrschaft des Geistes vorbereitet werden, wie Paulus das in Römer 7 erklärt.

Das was du da sagst hört sich ganz nach Jesus-Freaks-Bequemlichkeitstheologie an…

wollte was weitergeben was david baron dazu sagt.
kann es jetzt leider nur aus dem kopf weitergeben und das nichtmal in der originalsprache:

fuer den glaubenden gibt es kein AT und NT.
in dem sinn von altem testament(bund) und neues testament(bund). denn was sagen die apostel:

# Apg 24,13: Das bekenne ich dir aber, daß ich nach dem Weg, den sie eine Sekte nennen, dem Gott meiner Väter so diene, daß ich allem glaube, was geschrieben steht im Gesetz und in den Propheten. …

# Apg 28,23: Und als sie ihm einen Tag bestimmt hatten, kamen viele zu ihm in die Herberge. Da erklärte und bezeugte er ihnen das Reich Gottes und predigte ihnen von Jesus aus dem Gesetz des Mose …

# Röm 3,21: Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten…

# Röm 1,1-2: Paulus, ein Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert, zu predigen das Evangelium Gottes, das er zuvor verheißen hat durch seine Propheten in der heiligen Schrift,…

die apostel sprechen immer ueber “das gesetz und die propheten” und nicht ueber das AT und NT wenn es um buecher geht. Paulus schreibt vom alten bund wenn er das erlangen von gottes gerechtigkeit durch gesetzeswerke meint.

fuer den glaubenden ist alles neuer bund/testament (das gesetz als zuchtmeister auf christus hin). fuer den nichtglaubenden hingegen ist alles alter bund/testament, sogar wenn es um sachen wie roemer 6 etc. geht.

habe mich falsch ausgedrückt. mit abgeschlossen meinte ich den alten bund der durch jesus ersetzt wurde.

mich würde interessieren wie du aufgrund von meiner aussage auf jesusfreaks und bequemlichkeitstheologie kommst?!

weil ich schon desöfteren von Freaks gehört habe, das das AT ja nicht mehr gilt, und Gott jetzt etwas “softer” sei – nicht so wortwörtlich, aber dem Sinn nach.

sorry, auch wenn das thema eigentlich schon ausdiskutiert wurde, ich wollte meinen komment nur koorigieren:
hab falsch zitiert, der typ heisst Adolph Saphir und hier ist was er schreibt:

>>The expression “Old” and “New Testament” have been so long and universally in use, that my view may apear fanciful and ewccentric. But I request the reader to weight the argument. I may add, that Christ and the apostel never used the expression “OT”, but “the Scriptures, Moses and the Prophets”.
They based all their teaching on the Jewish Scriptures, and if they had designatted them old, wouyld not this have implied that their doctrine is new? If the doctrines of graceare in Moses and the Prophets, it is most illogical to call their writings OT, or Covenant of Works! Think of Genesis where the Law is never even mentioned, of Isaiah and the Psalms, which you(er selbst ist ein geborener Jude der aber den Heiligen Geist hat), Christians, sing on the Lord’s day! Christ died and rose according to the Scripture, saith Paul; that is, according to what is called the OT; but according to the Old COvenant it is not Christ, but the sinner who dies. When Paul(2Cor.3) speaks of our being ministers of the New Testament, he does not refer to books, most of which were not yet written, but to the gospel, which he found in the Scripture he possessed.
The Jews could only see “OT” in Moses and the Prophets, because they were blind. To the spiritual all Scripture is gospel, or New Testament (the law being the schoolmaster, bringing us to Christ), but to the natural and self-righteous, as we ought to know from experience and observation, all Scripture (gospel and epistel included) is Old Testament, or Covenant of Works.
The subject seems to me both, important and clear.

matthias friesen

Emil kannst du mir sagen wie das Buch heißt?
Leider gibt es die Bücher von ihm nicht in Deutsch. Der Mann hatte einen unglaublichen Tiefgang im Wort. Es braucht seine Zeit bis wir Gläubigen uns von unseren versäuchten Bibelannäherungen trennen und Christus als die Wirklichkeit aller Dinge erkennen.
Mir hat der Heilige Geist anhand dem Schatten von Petrus offenbart wie wichtig das Gesetz ist.
Nur wer die Person hinter dem Schatten erkennt wird geheilt.

Danke Helmut für deinen Senf, für einige scheint er echt scharf zu sein, aber meine Ma sagte immer Senf ist gut für die Gesundheit ; )
Dein Kommentar hat mich ermutigt und mir einen neuen Zusammenhang verständlich gemacht.

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